Am Anfang einer beruflichen Laufbahn und während dieser, werden immer wieder Arbeitszeugnisse angefragt. Sei es ein Zwischenzeugnis oder ein abschließendes Zeugnis. Das qualifizierte Zeugnis dokumentiert die Dauer und Art der Beschäftigung, Qualifikationen, Leistungen und das Sozialverhalten eines Arbeitnehmers. Bei Personalentscheidungen – seien es Beförderungen oder bei der Einstellung – stellen Arbeitszeugnisse einen tauglichen Nachweis über die Eignung eines potenziellen Arbeitnehmers dar. Eigentlich sollte das Arbeitszeugnis wiedergeben, was der Arbeitnehmer bei einem früheren Arbeitgeber an Tätigkeiten ausgeführt hat und mit welcher Leistung. Die Nachfrage bei einem früheren Arbeitgeber ist normalerweise nicht erlaubt. Das Arbeitszeugnis stellt einen Nachweis über bisherige Leistungen dar, unterliegt der Zeugniswahrheit und stellt daher eine wichtige Urkunde dar. Da das Zeugnis bei späteren Bewerbungen einen wichtigen Bestandteil darstellt, ist deswegen dessen Inhalt besonders gut zu prüfen, so dass durch ungünstige oder zweideutige Formulierungen nicht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt negativ beeinflusst werden.
Spätestens wenn das Arbeitsverhältnis endet, steht dem Arbeitnehmer ein schriftliches Arbeitszeugnis zu. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 109 Absatz 2 Gewerbeordnung (GewO):
Zeugnis
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
Der Anspruch auf Ausstellung verpflichtet den Arbeitgeber, jedoch hat es gleichzeitig auch den Nachteil, dass viele neue potenzielle Arbeitgeber die Vorlage aller vorherigen Zeugnisse verlangen und negative Rückschlüsse beim Fehlen dieser ziehen könnten. Hier wird sich der Arbeitgeber wahrscheinlich direkt fragen, ob das frühere Arbeitsverhältnis im Streit auseinander gegangen ist.
Der Anspruch sollte auch zeitnah geltend gemacht werden. Der Anspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung von 3 Jahren. Weiterhin können Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag dem entgegenstehen.
Aus § 109 GewO ergibt sich, dass es sich um ein wahres und wohlwollendes Zeugnis handeln muss. Dieses darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht nachteilig beeinflussen.
Diese Formulierung hat seit Jahren zu einer Art „Geheimcode“ der Zeugnissprache geführt. Negative Formulierungen werden hinter schönen Fassaden versteckt, um so den Arbeitnehmer zu täuschen und späteren Arbeitgebern die „wahre“ Einschätzung kundzutun.
Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen:
Als Arbeitnehmer hat man nicht nur Anspruch auf einen bestimmten Mindestinhalt, sondern auch auf einen korrekten formalen Aufbau.
Es entsteht ein Korrekturanspruch auf Seiten des Arbeitnehmers, wenn das ausgestellte Arbeitszeugnis diesen Kriterien nicht entspricht.
In der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, stellt ein wohlwollendes Zeugnis ein „befriedigendes“ Zeugnis dar. Wenn der Arbeitgeber ein schlechteres Zeugnis ausstellt, dann ist der Arbeitgeber hierfür beweisbelastet. Wenn der Arbeitnehmer ein „gut“ oder sehr gut beansprucht, dann hat er zu beweisen, dass er entsprechend besser war.
Als Arbeitnehmer muss man auch keine mehrdeutigen Formulierungen oder nicht angebrachte und unüblich Rechtschreibfehler hinnehmen. Hier ist immer auf den Arbeitgeber zu achten. An ein Arbeitszeugnis einer Bank sind höhere Anforderungen zu stellen als an einen kleinen Hausmeisterbetrieb.
Andererseits sollte man auch bei übertrieben guten Zeugnissen vorsichtig sein. Ein Zeugnis der Notenstufe „sehr gut“ kann auch negativ bewertet werden, da es unglaubwürdig ist. Auf eine ausgewogene Balance ist zu achten. Ein Abschlusszeugnis einer Arbeitnehmerin, die in der Probezeit gekündigt wurde, dass der Notenstufe „sehr gut“ entspricht, wird oft nicht der Zeugniswahrheit entsprechen und könnte zu negativen Rückschlüssen führen. Achten Sie deshalb im eigenen Interesse auf eine ausgewogene Zeugnissprache.
· Gutes Einfühlungsvermögen in die Belange der Belegschaft. à Bescheinigt dem Arbeitnehmer in Wahrheit nichts Gutes. Es heißt im Klartext, dass derjenige mehr flirtete als arbeitete.
· Hebt der Arbeitgeber in seinen Formulierungen wiederum dessen Geselligkeit, die zur Verbesserung des Betriebsklimas beitrug à gemeint, dass sich der Kollege während der Arbeit gerne mal einen Schnaps genehmigte.
· Wir wünschen ihm alles Gute und Gesundheit à Achtung, der kränkelt.
· Er war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen. à Er war ein unangenehmer und rechthaberischer Wichtigtuer!
· Er hat alle Arbeiten pflichtbewusst erledigt. à Er war ein Bürokrat ohne Eigeninitiative!
· Sie war mit Interesse bei der Sache à Sie hat sich angestrengt, aber nichts geleistet!
· Sie verfügt über Fachwissen und zeigt ein gesundes Selbstvertrauen. à Sie verfügt über geringes Fachwissen, das sie mit großer Klappe zu übertünchen
· Er war Neuem gegenüber stets aufgeschlossen.à Aber nicht, um Neues zu integrieren und zu verarbeiten
Typische Arbeitszeugnis Formulierungen mit denen Arbeitgeber die Leistung der ehemaligen Mitarbeiter qualifizieren und Schulnoten verschlüsseln lauten:
stets zu unserer vollsten/ größten/ äußersten Zufriedenheit – Note 1
zu unserer vollsten Zufriedenheit – Note 1-2
stets zu unserer vollen Zufriedenheit – Note 2
zu unserer vollen Zufriedenheit/ Stets zu unserer Zufriedenheit – Note 3
zu unserer Zufriedenheit – Note 4
insgesamt/ Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit – Note 5
Arbeitszeugnisse müssen mindestens „befriedigend“ sein.
Schlechtere Zeugnisse hat der Arbeitgeber zu begründen, die Beweislast für ein „gutes“ beziehungsweise „sehr gutes“ Zeugnis liegt indes beim Arbeitnehmer (BAG-Urteil, 9 AZR 584/13). Hintergrund war ein Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Berlin, wonach mittlerweile 86,6 Prozent der erteilten Zeugnisse „gut“ oder besser seien. Die Arbeitnehmerin verlangte daraufhin ein mindestens gutes Zeugnis – im Revisionsverfahren jedoch ohne Erfolg.
Selbstverständliches gehört nicht ins Arbeitszeugnis.
Zeugnisse müssen wohlwollend sein. Das bedeutet zugleich: Wer Selbstverständlichkeiten betont – etwa der sichere Umgang mit Word im Sekretariat -, sorgt subtil für einen schlechten Eindruck, Motto: Mehr war eben nicht. Auch andere Formulierung kassierten die Richter des Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 9 Ta 325/10): „Die Zusammenarbeit mit Mandanten und Vorgesetzten war einwandfrei“. Die besonders positive Betonung des Umgangs mit Mandanten und Vorgesetzten erwecke den Eindruck mangelnder Teamfähigkeit.
Versteckte Hinweise sind in Zeugnissen unzulässig.
Im konkreten Fall stand im Arbeitszeugnis: „Gerne stehen wir jedem zukünftigen Arbeitgeber von XY hinsichtlich Nachfragen über die Qualität der für uns geleisteten Arbeit zur Verfügung.“ Das aber sieht so aus, als sei der Arbeitnehmer tatsächlich schlechter gewesen als im Arbeitszeugnis steht. Das Arbeitsgericht Herford ließ die Formulierung streichen (Az.: 2 Ca 1502/08).
Elternzeit darf im Arbeitszeugnis erwähnt werden.
Das urteilte das LAG Köln (Az.: 4 Sa 114/12). Darin liege keine Benachteiligung, da erhebliche Ausfallzeiten eines Arbeitnehmers im Zeugnis dokumentiert werden dürfen. Handelt es sich etwa um eine schnelle und dynamische Branche (zum Beispiel die IT-Branche), ist das Interesse eines potenziellen Arbeitgebers an bisherigen Fehlzeiten groß. Er muss wissen, ob die praktische Berufserfahrung und das Wissen des Bewerbers auf dem neuesten Stand sind.
Abschließende Grußformel mit Dank muss nicht sein.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (Az.: 9 AZR 227/11), dass es auch ohne die Formel „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute“ geht.