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Betriebsbedingte Kündigung - Fachanwalt für Arbeitsrecht in Darmstadt

Wenn der Arbeitgeber aus betrieblichen Erfordernissen Arbeitsplätze abbaut

Die betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist die häufigste Art der Kündigung. Wenn Arbeitgeber ganze Betriebe oder Betriebsteile schließen, Abteilungen ausgelagert werden, dann spricht der Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen aus oder bietet Aufhebungsverträge nebst Abfindungen an, so wie es jedes Jahr in unzähligen Fällen in Deutschland, Hessen und in Darmstadt.  


Insofern auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, ist eine Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) dann sozial gerechtfertigt und damit wirksam, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Der Arbeitgeber muss ein Auswahlverfahren durchführen, die sogenannte Sozialauswahl, bei der anhand verschiedener Faktoren die soziale Schutzwürdigkeit jedes einzelnen Arbeitnehmers geprüft und bestimmt wird.


Betriebsbedingte Kündigung erhalten? Bleiben Sie ruhig, rufen Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Nähe an. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, klären Sie ob Arbeitsrecht abgedeckt ist. Lassen Sie hierbei nicht zu viel Zeit verstreichen. Sie müssen innerhalb von drei Wochen entscheiden, ob Sie sich gegen die Kündigung gerichtlich wehren wollen. Nach Ablauf der 3-Wochenfrist kann die Wirksamkeit der Klage nicht mehr angegriffen werden. Nur in Ausnahmesituationen kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgen.

 

Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung

Der Unternehmer ist frei in seiner Entscheidung, wie er sein Unternehmen führt. Er kann – mal abgesehen ein Betriebsrat interveniert – sein Unternehmen nach seinem Willen organisieren. Schließung von Niederlassungen, Outsourcing, Betriebsteilschließungen, Kostensenkungen können zu betriebsbedingten Kündigungen führen. Die Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer müssen tatsächlich in Wegfall geraten und es darf keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmer im Unternehmen geben. Bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes muss der Auswahlprozess sozial gerechtfertigt sein.

Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitgebers, wie er sein Unternehmen führt und organisiert. Neue Produktionsmethoden, Standortverlagerungen, Kostensenkungen oder Outsourcing können mit betriebsbedingten Kündigungen einhergehen. Damit das rechtlich möglich ist, muss der Arbeitsplatz des Mitarbeiters wegfallen, und es darf keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Mitarbeiter im Unternehmen geben. Außerdem muss die Auswahl derjenigen, die gehen müssen, auch noch sozial ausgewogen sein. Der Arbeitnehmer ist nämlich in der Regel durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt.

 

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

§ 1 Abs.1 KSchG:

„Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat,…“

 

Aus diesem Halbsatz ergibt sich die Wartezeit von sechs Monaten. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG muss das Arbeitsverhältnis  in demselben Betrieb oder Unternehmen länger als sechs Monate ohne Unterbrechung bestanden haben. Die Wartezeit beginnt mit dem Zeitpunkt der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Die Wartezeit muss erfüllt sein, wenn dem Arbeitnehmer die Kündigung zugeht.

Das Kündigungsschutzgesetz greift nur bei Betrieben mit einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern entsprechend § 23 KSchG:

„…In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.“

Seit Anfang 2004 können sich Arbeitnehmer erst dann darauf berufen, wenn der Arbeitgeber mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt hat. Mitarbeiter in Teilzeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden zählen als 0,5 Mitarbeiter und bei nicht mehr als 30 Stunden als 0,75 Mitarbeiter in dieser Rechnung. Etwas anders ist es, wenn das Arbeitsverhältnis bereits am 31. Dezember 2003 bestanden hat. Dann gilt das Kündigungsschutzgesetz, sofern in dem Betrieb zu diesem Zeitpunkt mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt waren, die zum Zeitpunkt der Kündigung dort noch beschäftigt sind.

 

Dringendes betriebliches Erfordernis

Die Sozialwidrigkeit der ordentlichen (betriebsbedingten) Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betriebs entgegenstehen, bedingt ist. Hierbei spielt die unternehmerische Entscheidung eine erhebliche Rolle. Ursache und Anlass der Entscheidung des Arbeitgebers, Arbeitnehmer zu kündigen, sind vielfältig. Umsatzrückgang, Auftragsmangel, Gewinnrückgang, Schließung einer Abteilung, die Anschaffung von modernen Maschinen, die weniger Arbeitskräfte erfordern oder Organisationsänderung im Betrieb. Diese Gründe allein rechtfertigen allerdings keine Kündigung, sondern es ist darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang durch diese Ursachen im Betrieb Arbeitsplätze in Wegfall geraten.

Problematisch für den Arbeitnehmer ist hierbei, dass die unternehmerische Entscheidung nur sehr begrenzt durch das Arbeitsgericht überprüfbar ist. Die unternehmerische Entscheidung darf nicht einfach darin liegen, dass Arbeitnehmer gekündigt werden sollen. Für eine betriebsbedingte Kündigung muss diese Entscheidung noch nicht vollkommen umgesetzt sein, sondern es reicht aus, dass sich die Umsetzung der Maßnahme des Arbeitgebers konkret und greifbar abzeichnet. Eine Umsetzung bei Kündigungszugang ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber berechtigterweise annehmen durfte, dass die Kündigungsfrist hierfür noch ausreichend Zeit biete (BAG, 20.11.2014 – 2 AZR 512/13).

Nur wenn die Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, kann das Arbeitsgericht der unternehmerischen Entscheidung widersprechen und diese ablehnen. Das Bundesarbeitsgericht will damit einem Missbrauch entgegenwirken. Problematisch hierbei ist jedoch, dass die Darlegungs- und Beweislast für einen Missbrauch beim Arbeitnehmer liegt.

Der Arbeitgeber muss dem Arbeitsgericht darlegen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Möglichkeit eines weiteren Einsatzes des Arbeitnehmers auswirkt und dessen Beschäftigungsmöglichkeiten. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die organisatorische Durchführbarkeit der unternehmerischen Entscheidung gerichtet. Der Arbeitgeber muss das Konzept zum Personalabbau konkret darlegen. Soll aufgrund der unternehmerischen lediglich ein Arbeitsplatz wegfallen und nur dieser Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden, dann muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahme, die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Der Arbeitgeber muss im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast die Auswirkungen seiner auf das Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten von den verbliebenen Arbeitnehmern ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden könne.

 

Keine weitere Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Die betriebsbedingte Kündigung setzt darüber das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit voraus. Die Kündigung ist das letzte Mittel (ultima ratio). Der Arbeitgeber hat zuerst andere Wege zu prüfen, wie etwa eine Versetzung oder Änderungskündigung. Hierbei ist nicht nur nach verfügbaren Arbeitsplätzen innerhalb des Betriebs, sondern ist auch in anderen Betrieben des Unternehmens zu prüfen. Allerdings nicht in anderen Unternehmen eines Konzerns. Dies wäre nur erforderlich, falls sich z.B. aus dem Arbeitsvertrag eine Konzernversetzungsklausel ergibt, was jedoch sehr selten ist.

Wenn die Beschäftigungsmöglichkeit für eine erhebliche Dauer, nicht aber endgültig wegfällt, ist der Erforderlichkeitsgrundsatz im Zusammenhang mit Überbrückungsmöglichkeiten des Arbeitsförderungsrechts anzuwenden. Hält der Arbeitnehmer einer Weiterbeschäftigung für möglich, so muss der Arbeitnehmer konkret aufzeigen und darlegen, wie er sich die anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG, 20.01.1994, NZA 1994, 665). Hierfür könnte auch der Arbeitsplatz von Leiharbeitnehmern in Wegfall geraten. Arbeitnehmer haben Vorrang vor Leiharbeitnehmern.

Die Weiterbeschäftigung kann auch zu geänderten Arbeitsbedingungen (Versetzung, Änderungskündigung) erfolgen. Der Arbeitnehmer hat allerdings keinen Anspruch auf eine Beförderung und Weiterbeschäftigung auf einem höherwertigen Arbeitsplatz.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist auch unwirksam, wenn eine Weiterbeschäftigung nach Umschulung, Einarbeitung oder Fortbildung in Betracht kommt. Der Arbeitgeber muss hier nachweisen, dass keinerlei Möglichkeit besteht das Arbeitsverhältnis, sei es auch zu geänderten Bedingungen, sinnvoll fortzusetzen. Ausnahmsweise kann es deswegen auch zu einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung kommen, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führen würde, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Teilweise ist die außerordentliche Beendigung auch aufgrund Ausschlusses der ordentliche Kündigungsmöglichkeit (sog. Unkündbare Arbeitnehmer) zulässig, dann jedoch nur mit einer sozialen Auslauffrist.

 

Beurteilungszeitpunkt   

Für die Beurteilung des Sozialwidrigkeit einer betriebsbedingten Kündigung ist der Zeitpunkt des Zugangs entscheiden und nicht der Zeitpunkt, zu dem die Beendigung wirken soll. Deshalb wäre eine Kündigungsschutzklage erfolgreich, wenn im Zeitpunkt der Kündigung bereits absehbar wäre, dass der Arbeitsplatz nach Ablauf der Kündigungsfrist erneut zur Verfügung stehen würde und die Zwischenzeit ohne große Probleme überbrückt werden könnte. Erfährt der Arbeitnehmer nach dem Beendigungszeitpunkt von der erneut bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, so bejaht die Rechtsprechung einen Vertragsfortsetzungs- bzw. Wiedereinstellungsanspruch (BAG, 27.02.1997, EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1).

 

Einzelfälle für dringende betriebliche Erfordernisse

  • Auftragsmangel / Umsatzrückgang: 

Der Arbeitgeber ist beweisbelastet. Die Verringerung an Arbeitnehmern muss sich proportional zum Umsatzrückgang verhalten. Der Arbeitgeber muss konkret und nachvollziehbar darlegen, dass es sich nicht nur um einen kurzfristigen Rückgang handelt, sondern eine dauerhafte Stagnation zu erwarten ist.

  • Austauschkündigung

Der Austausch von Arbeitnehmer nach deutschem Recht durch Arbeitnehmer nach ausländischem Recht zum Sparen von Lohn- und Sozialkosten ist kein dringendes betriebliches Erfordernis. Ähnlich verhält es sich bei Bestand des Beschäftigungsbedürfnisses und erwünschten Austausch von vorhandenen (teuren) Arbeitnehmern durch günstigere Arbeitnehmer.

  • Betriebsänderung

Innerbetriebliche Organisationsentscheidung, die von Gerichten nur auf ihre Rechtsmissbräuchlichkeit überprüft werden kann. Hierzu gehören Zusammenlegung von Arbeitsgebieten, Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland.  Die Umwandlung einer Teilzeitstelle in eine Vollzeitstelle ist eine entsprechende Organisationsentscheidung und kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Dies jedoch nur, wenn die Teilzeitkraft nicht bereit ist Vollzeit zu arbeiten und aus nachweisbaren Gründen eine weitere Teilzeitkraft nicht eingestellt werden kann oder organisatorisch nicht sinnvoll ist.

  • Betriebsstilllegung

Dies setzt den ernstlichen und endgültigen Willen des Arbeitsgebers voraus, den Betrieb für einen nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben. Dies kann grundsätzlich eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Sowohl bei der Teilstilllegung als auch bei der vollständigen Stilllegung müssen die betrieblichen Umstände bereits greifbare Formen angenommen haben. Nicht ausreichend ist eine bloße Betriebsunterbrechung. Bei Aufgabenverlagerung in andere Abteilungen ist der Arbeitnehmer dort weiter zu beschäftigen. Bei Verstößen kommt ein Wiedereinstellungsanspruch und bei Betriebsveräußerung ein Einstellungsanspruch gegen den Erwerber in Betracht.

  • Betriebsübergang

Nach § 613a Abs. 4 S. 1 BGB ist die Kündigung wegen des Betriebsübergangs unwirksam. Unter das Kündigungsverbot fallen sowohl ordentliche als auch außerordentliche Beendigungs- oder Änderungskündigungen sowie Aufhebungsverträge, die zur Vermeidung von Kündigungen wegen des Betriebsübergangs geschlossen werden (EuGH, 11.03.1997, NZA 1997, 443).

  • Rationalisierung

Rationalisierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Betriebsergebnisses können betriebsbedingte Kündigungen auslösen. Der Arbeitgeber muss auch hier die getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Umsetzungen konkret darlegen, so dass diese geprüft werden können. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber sowohl bei außerbetrieblichen und innerbetrieblichen Gründen seine unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt, nachvollziehbar darlegt.

  • Rentabilitätsgründe

Stellen regelmäßig keine Legitimierung für eine betriebsbedingte Kündigung dar.


Sozialauswahl - wer muss zuerst gehen?

Bei der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber anhand eines Schemas prüfen und feststellen, wer zuerst gehen muss. Eventuell steht durch die unternehmerische Entscheidung schon fest, wie viele Arbeitnehmer ihre Stelle verlieren oder welche Positionen in Wegfall geraten. Der Arbeitgeber hat nun zu prüfen, welche Arbeitnehmer diesem Anforderungsprofil entsprechen. In die Sozialauswahl braucht der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nur solche Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind (horizontale Vergleichbarkeit = gleiche Hierarchieebene). 


Die Auswahlrichtlinien sind:


  • Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung


Das Gesetz trifft keine Aussage zu der Gewichtung der vier Sozialdaten zueinander. Oft werden Punkteschemata aufgestellt, aber auch hier ist Vorsicht geboten. Deshalb muss der Arbeitgeber die konkreten Daten der betroffenen Arbeitnehmer in ein Verhältnis zueinander setzen. Manche Unternehmen entwickeln Richtlinien über die personelle Auswahl bei Kündigungen. Insofern ein Betriebsrat existiert, bedürfen diese der Zustimmung des Betriebsrats.

Bei der Gewichtung bedarf es grundsätzlich einer Einzelfallabwägung, da hier außer den obigen Sozialdaten auch weitere Punkte mit einbezogen werden können, wie etwa Härtefallentscheidungen wegen Berufskrankheiten oder einem unverschuldeten Arbeitsunfall. Bei geringfügigen Unterschieden in der sozialen Schutzwürdigkeit räumt das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber einen Wertungsspielraum ein, innerhalb dessen die Arbeitgeberentscheidung rechtlich vertretbar ist.


Folgendes Punktauswahlschema wurde vom BAG zur Sozialauswahl akzeptiert:

  • Dienstjahre: bis 10 Dienstjahre je Dienstjahr 1 Punkt, ab dem 11. Dienstjahr je Dienstjahr 2 Punkte, wobei nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch eine maximale Punktezahl von 70 aufgrund der Dienstjahre erreicht werden kann.
  • Lebensalter: für jedes volle Lebensjahr 1 Punkt, wobei lediglich die Lebensjahre bis zum 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch maximal 55 Punkte aufgrund des Lebensalters erreichbar sind.
  • Unterhaltspflichten: je unterhaltsberechtigtem Kind 4 Punkte, verheiratet 8 Punkte.
  • Behinderung: Schwerbehinderung bis 50 % Erwerbsminderung 5 Punkte, über 50 % je 10 % Erwerbsminderung jeweils 1 Punkt.

 

Nicht einzubeziehen in die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung sind außerdem die Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung wegen Ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG).


  • Besondere Kenntnisse

Besonderen Kenntnisse können spezielle Schul- oder Universitätsabschlüsse, Sprachkenntnis oder besondere Maschinenkenntnisse oder besonderes Sachwissen durch die langjährige Berufserfahrung sein.

  • Besondere Fähigkeit

Besondere Fähigkeiten stellen eine spezielle fachliche Qualifikation für besondere Arbeiten dar, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig sind. Hierzu gehört auch eine besondere Flexibilität bezogen auf Können, räumliche oder zeitliche Einsetzbarkeit dar. Selbst Fingerspitzengefühl im Umgang mit wichtigen Kunden oder für Problembehebungen können besondere Fähigkeiten darstellen.

  • Besondere Leistungen

Besondere Leistungen sind gegeben, wenn der Arbeitnehmer im Vergleich mit anderen Arbeitnehmern wesentlich schneller und effektiver arbeitet. Weniger Fehler begeht oder weniger Ausschuss produziert.

  • Sicherung der Personalstruktur

Sicherung der Personalstruktur: Es ist zulässig, dass er Altersgruppen bildet (§ 10 S. 1 u. 2 AGG), um zu verhindern, dass immer die jüngeren Arbeitnehmer gekündigt werden und sich das Durchschnittsalter der Belegschaft dauerhaft erhöht. Dann muss der Arbeitgeber aber aus allen Altersgruppen proportional etwa gleich viele Mitarbeiter entlassen. Er darf dann nicht sehr viel mehr älteren Arbeitnehmern kündigen (BAG, Urteil vom 26. März 2015, Az. 2 AZR 478/13). Die Altersgruppenbildung verhindert die Überalterung der Belegschaft und soll der übermäßigen Belastung jüngerer Arbeitnehmer entgegenwirken. Ein berechtigtes betriebliches Interesse im Sinne von § 1 Abs. 3 KSchG ist anzunehmen.

Ebenfalls sind Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nicht in die Vergleichsgruppe mit einzubeziehen.

Auf Wunsch des gekündigten Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber ihm die Gründe und Auswahlkriterien darlegen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG).

 

Besonderer Kündigungsschutz

Bei der Gruppenbildung für die Sozialauswahl sind verschiedene Arbeitnehmer auszunehmen, da diese besonderen Kündigungsschutz genießen:

 

  • Betriebsratsmitglieder
  • Schwerbehinderte Arbeitnehmer (nur mit Zustimmung des Integrationsamts)
  • Auszubildende
  • Schwangere Arbeitnehmerinnen (nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde)
  • Eltern während der Elternzeit (nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde)
  • Interne Datenschutzbeauftragte
  • Kommunalpolitiker (in Hessen nur außerordentliche Kündigung möglich)

 

Angebot einer Abfindung - Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft

In dem Kündigungsschreiben kann der Arbeitgeber auf § 1a KschG verweisen und erklären, dass die Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse ausgesprochen wurde und der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt.

 

Muster eine Kündigungsschreibens nach § 1a KSchG:

 

„Ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte(r) Herr/Frau XYZ,

hiermit kündigen wir das zwischen Ihnen und uns bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt, unter Einhaltung der Ihnen zustehenden Kündigungsfrist von XX Monaten; daher mit Ablauf des TT.WW.JJJJ.

Es handelt sich um eine Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG. Ich weise Sie darauf hin, dass Sie eine Abfindung beanspruchen können, wenn Sie innerhalb der dreiwöchigen Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG keine Klage erheben. Die Abfindung beträgt gem. § 1a Abs. 2 S. 1 KSchG 0,5 Monatsgehälter für jedes Jahr des Bestehens Ihres Arbeitsverhältnisses, also nach unserer Berechnung XXXXXX € brutto.“

 

Die Höhe der zu beanspruchenden Abfindung ergibt sich aus dem Gesetz. 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr, wobei ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Kalenderjahr zu runden ist. Der Monatsverdienst entspricht dem zuletzt bezogenen Bruttoentgelt des Arbeitnehmers. Anteilige Sonderzahlungen oder Zeitzuschläge, die über einen längeren Zeitraum geleistet werden (also keine Einmalzahlungen) sind anteilig zu berücksichtigen (BAG, 19.06.2007, 1 AZR 340/06).

Wichtig für Arbeitnehmer, aber auch für Arbeitgeber ist hierbei, dass die Abfindung eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes darstellt und damit sozialversicherungsfrei ist. Es sind keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abzuziehen. Es bleibt mehr Netto vom Brutto.

 

Aufhebungsvertrag statt betriebsbedingte Kündigung

Arbeitgeber bieten oft im ersten Schritt Aufhebungsverträge an oder erstellen ein „Freiwilligenprogramm“ bei dem sich Arbeitnehmer melden können, die freiwillig gegen Zahlung einer Abfindung den Arbeitsplatz aufgeben wollen. Meist stellt das reine Anbieten eines Aufhebungsvertrags nur ein erstes Angebot dar. Hier sollte man die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrags genau abwägen. Immerhin gibt man den „sicheren“ Arbeitsplatz auf und es könnte aufgrund dessen zu einer Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld bei der Agentur für Arbeit kommen. (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Dies kann verhindert werden indem man den Aufhebungsvertrag aus einem wichtigen Grund unterzeichnet, weil Sie ansonsten ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt wäre.

 

Trotzdem empfehle ich Ihnen als Fachanwalt für Arbeitsrecht, vorab Kontakt mit Ihrem zuständigen Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit aufzunehmen und dies abzuklären. Einfacher ist das Problem mit der Sperrzeit zu umgehen, wenn eine (betriebsbedingte) Kündigung schon ausgesprochen wurde und man dann mit dem Arbeitgeber eine Abwicklungsvereinbarung / Abwicklungsvertrag aushandelt. Im Endeffekt ist dieser inhaltlich fast identisch zum Aufhebungsvertrag / Aufhebungsvereinbarung, nur letzteres ersetzt die Kündigung und ersteres regelt die Abwicklung nach der bereits erfolgten Kündigung.

Beim Aushandeln der Abwicklungsvereinbarung muss unbedingt die 3-Wochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage beachtet werden. Der Abwicklungsvertrag muss vor Ablauf der Frist wirksam zustande gekommen sein. Ansonsten kann der Arbeitgeber einfach seine bisherigen Angebote zurückziehen und unterschreibt die Vereinbarung nicht. Die Kündigung kann nicht mehr fristwahrend angegriffen werden und der Arbeitnehmer steht mit leeren Händen da.

 

Betriebsbedingte Kündigung erhalten – was nun?

Drei Dinge sollten Sie dann unbedingt tun:

  1. Nehmen Sie Kontakt zur Agentur für Arbeit auf und melden sich arbeitssuchend. Machen Sie dies unverzüglich, da es ansonsten gern in Vergessenheit gerät und Sie Nachteile dadurch erleiden könnten. Die Meldung muss mindestens drei Monate für der Arbeitslosigkeit erfolgen. Ist die Kündigungsfrist kürzer oder eine außerordentliche (fristlose) Kündigung erfolgte, dann müssen Sie sich innerhalb von 3 Tagen dort melden.
  2. Rufen Sie Ihre Rechtsschutzversicherung an, sofern eine besteht und klären ab, ob Arbeitsrecht abgedeckt ist. Sollte keine Bestehen, dann seien Sie sich im Klaren, dass in arbeitsrechtlichen Gerichtsverfahren erster Instanz, also auch der Kündigungsschutzklage, jeder seine Kosten selbst tragen muss, unabhängig vom Verfahrensausgang. Erst in der zweiten Instanz besteht eine Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Seite.
  3. Kontaktieren Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, mit dem Sie alles besprechen und dem Sie direkt schon alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen können. Dieser wird mit Ihnen dann das weitere Vorgehen und die verschiedenen Möglichkeiten und Risiken besprechen. Lassen Sie sich damit nicht zu viel Zeit. Ab Zugang der Kündigung kann nur innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden. Eile ist geboten. 

 
 
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