Ihre Fachkanzlei für Arbeitsrecht und Familienrecht
 in Darmstadt Nähe Hauptbahnhof 
 

Rückkehr ins Büro / Betrieb trotz Corona

Die Bundesländer haben vor wenigen Tagen eine Lockerung der Maßnahmen wegen Corona beschlossen. So langsam soll in Betrieben wieder alles hochgefahren werden. Nicht nur, dass die Eisdiele um die Ecke wieder öffnet oder die Kanzlei Brenner, sondern auch bei großen Betrieben die Zeit des Home-Office langsam ausläuft und Geschäftsleitungen ihre Arbeitnehmer wieder zur Rückkehr zum „normalen“ Arbeiten auffordern, und zwar am Arbeitsplatz.


Wie verhält es sich nun aber im Alltag? Muss ich als Arbeitnehmer einer solchen Aufforderung nachkommen? Was ist mit dem Betriebsrat? Was kann in der Situation der Betriebsrat für die Arbeitnehmer tun?


Welche Maßnahmen muss der Arbeitgeber ergreifen und wie durchsetzen? Wem gegenüber kann der Arbeitgeber die Rückkehr an den Arbeitsplatz anordnen? Wie ist mit Risikogruppen umzugehen, mit besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern und chronisch Kranken, die zur Risikogruppe gehören? Welche Pflichten hat der Arbeitgeber mir gegenüber?


Die momentane Gefährdungslage rügt den Arbeitsschutz in den Vordergrund. Überall kann man sich mit Corona anstecken. Besonders am Arbeitsplatz ist Vorsicht geboten, wenn man auf einem engen Raum zusammenarbeitet, beim Treffen in der Kaffeeküche u.ä. Hierbei sind nicht die erkannten Coronainfizierten das Problem, sondern die Personen, die keine Symptome zeigen, aber trotzdem das Coronavirus in sich tragen. Diese könnten das Coronavirus unerkannt weiterverbreiten. Vor dieser „unsichtbaren“ Gefahr muss der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer schützen. Deswegen sind grundlegende Anforderungen an Hygiene und Schutzmaßnahmen zu stellen. Notfalls muss der Arbeitgeber professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, häufiger Reinigen lassen, Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen und Mundschutz zur Verfügung stellen.
Gefährdungen von Arbeitnehmern zu vermeiden ist der Grundsatz des präventiven Gesundheitsschutzes. Dies hängt immer von der Branche und den tatsächlichen Gegebenheiten der Betriebe ab. Die Schutzmaßnahmen sind auf die berufliche Tätigkeit anzupassen. Ein generelles Allheilmittel oder das perfekte Vorgehen gibt es hierbei nicht. 
Auf der Homepage des Robert-Koch-Institut sind Grundsätze des Infektionsschutzes auffindbar, welche hierbei als Leitlinie angesehen werden können. Zudem haben verschiedene Branchen eigene Hinweise zum Umgang mit dem Coronavirus veröffentlicht.


Schutzbedürftige Personengruppen

Für viele Personengruppen sind ein spezifischer Gesundheitsschutz und eine besondere Achtsamkeit erforderlich. Dies gilt beispielsweise für Schwangere und Stillende, Jugendliche, chronisch kranke und behinderte Menschen. Hier stellen den einzelnen Schutzgesetzen höhere Anforderungen an den Arbeits- und Gesundheitsschutz (z.B. §§ 11, 12 MuSchG, § 22 JArbSchG oder § 4 Nr. 6 ArbSchG). Hier sind geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Der Arbeitgeber sollte diese Arbeitnehmer nicht zurück in das Büro zitieren, wenn es nicht unbedingt notwendig ist und eine potentielle Ansteckungsgefahr weiterhin besteht. Hier sollen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, bis hin zum temporären Home-Office. Wenn dies aufgrund der Arbeitsweise/Tätigkeit nicht möglich ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet umfangreiche Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Sollte er dies nicht tun, dann hat der Arbeitnehmer nach meiner Ansicht ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitskraft. Das heißt, der Arbeitnehmer könnte zuhause bleiben und der Arbeitgeber wäre verpflichtet den Arbeitnehmer weiter voll zu bezahlen.

Damit der Arbeitnehmer nicht ganz alleine steht, hat der Betriebsrat – sofern einer im Betrieb existiert – weitgehende Mitbestimmungsrecht


Mitbestimmungsrechte als Betriebsrat im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG steht dem Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu. In der Vorschrift des § 3 ArbSchG ist geregelt, dass der Arbeitgeber Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu ergreifen und diese erforderlichenfalls an sich ändernden Gegebenheiten anzupassen hat. Die Regelung ist als gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG anzusehen.


Der Arbeitgeber sollte in der momentanen Situation unbedingt den Betriebsrat in seine Überlegungen mit einbeziehen. Hierbei sollten Arbeitgeber und Betriebsrat versuchen einvernehmlich einen Schutzplan oder einen „Fahrplan“ erstellen, wie, wann und unter welchen Bedingungen die Arbeitnehmer wieder in die Betriebe zurückkehren sollen. Hier sollten auch, soweit es möglich ist, Einzelfälle und der Umgang mit Risikogruppen festgelegt werden. Hierbei sollte der Arbeitgeber beachten, dass der Betriebsrat ein Initiativrecht zusteht. Der Betriebsrat kann also eine Zusammenarbeit erzwingen. Sollte der Arbeitgeber die abweichend sehen oder einfach missachten, kann der Betriebsrat seine Rechte über eine Einigungsstelle durchsetzen.


Gemeinsam mit den Unfallversicherungsträgern hat der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. beispielsweise eine Broschüre zur Pandemieplanung veröffentlicht, die als Mustervorlage für den eigenen Betrieb verwendet werden kann. Die Broschüre kann hier kostenlos abgerufen werden. 

 
 
E-Mail
Anruf